
Wenn mein Kind nicht hören will – GFK statt Machtkampf im Alltag
Du stehst am Morgen unter Zeitdruck, dein Kind will die Schuhe nicht anziehen – du atmest tief durch, bleibst ruhig … oder auch nicht. Willkommen im echten Familienalltag. Situationen wie diese kennt jede*r Elternteil. Doch wie reagieren wir, ohne zu schreien, zu drohen oder uns selbst hinterher schlecht zu fühlen?
Gewaltfreie Kommunikation (GFK) bietet einen konkreten Weg aus dieser Spirale. In diesem Beitrag teile ich ein Beispiel aus unserem Alltag – mit Schritt-für-Schritt-Erklärung, wie GFK in hitzigen Momenten helfen kann.
🎯 Situation aus dem Alltag: Schuhe anziehen – ein Drama
Szene:
Es ist 7:45 Uhr. Wir müssen los zur Kita. Mein Kind sitzt im Flur, umringt von Spielzeug – die Schuhe sind weit weg. Ich merke, wie meine Ungeduld wächst.
Gedankengang:
„Wieso hört es nicht?! Ich hab doch schon dreimal gesagt…“
Klassische Reaktion früher: „Wenn du jetzt nicht sofort die Schuhe anziehst, gehen wir ohne dich!“
➡️ Ergebnis: Tränen, Wut, Stress. Für alle.
💬 Schritt für Schritt mit GFK – so kann es gehen
1. Beobachtung (ohne Bewertung):
„Ich sehe, dass du gerade noch mit deinem Auto spielst und deine Schuhe nicht anhast.“
➡️ Keine Vorwürfe, nur eine Feststellung.
2. Gefühl benennen (bei mir):
„Ich bin angespannt und ein bisschen gestresst.“
➡️ Statt Schuldzuweisung übernehme ich Verantwortung für mein Empfinden.
3. Bedürfnis ausdrücken:
„Ich wünsche mir Pünktlichkeit, weil es mir wichtig ist, dich rechtzeitig in die Kita zu bringen.“
➡️ Ich zeige, was mir wirklich wichtig ist – nicht nur das „Schuhe anziehen“, sondern das dahinterliegende Bedürfnis.
4. Konkrete Bitte:
„Könntest du dir jetzt bitte die Schuhe anziehen oder brauchst du noch zwei Minuten zum Fertigspielen?“
➡️ Ich biete Wahlmöglichkeiten innerhalb eines klaren Rahmens.
🔄 Die Reaktion meines Kindes
In diesem Fall antwortete mein Kind:
„Ich will nur noch das Auto in die Garage fahren.“
Ich sagte: „Okay, dann noch zwei Minuten, und dann machen wir uns fertig.“
Zwei Minuten später zog es sich die Schuhe an – ganz ohne Kampf.
🧠 Warum das funktioniert
Kinder reagieren auf Verbindung. Wenn sie sich gesehen, gehört und respektiert fühlen, sind sie oft viel kooperativer – ganz ohne Strafe, Drohung oder Druck.
Statt zu kämpfen, bleiben wir im Kontakt. Und genau das ist die Stärke von GFK.
🛠 GFK im Alltag üben – Tipps für Eltern
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Starte bei dir: Welche Gefühle und Bedürfnisse hast du wirklich?
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Verwandle Vorwürfe in Beobachtungen: Statt „Du machst nie …“ → „Heute habe ich gesehen …“
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Formuliere Bitten statt Befehle: „Wärst du bereit …?“
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Sei geduldig mit dir selbst – GFK ist ein Lernprozess.
💡 Fazit
Gewaltfreie Kommunikation ist kein Zaubertrick, der sofort immer funktioniert – aber sie verändert die Beziehung langfristig. Sie schenkt uns echte Verbindung, auch in schwierigen Momenten.
Wenn Kinder nicht hören, ist das oft ein Ruf nach Verbindung. GFK hilft uns, genau das zu sehen – und zu handeln, ohne zu verletzen.
📚 Quellen & weiterführende Links
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Marshall B. Rosenberg – Gewaltfreie Kommunikation (Buch & Modell)
→ https://www.kreativekommunikation.de/gfk-marshall-rosenberg/ -
Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern – Blog: Familie in Beziehung
→ https://familie-in-beziehung.de/gewaltfreie-kommunikation-mit-kindern/ -
Deutsches Netzwerk Gewaltfreie Kommunikation e.V.
→ https://www.gewaltfrei.de