Wenn Eltern im Stress Dinge tun, die sie tief im Herzen bereuen.
Heute möchte ich mit dir einen sehr persönlichen Moment teilen. Einen dieser Tage, an denen einfach alles zu viel wird. Einen dieser Augenblicke, in denen man als Elternteil reagiert, obwohl man eigentlich ganz anders handeln möchte.Wir waren gemeinsam auf dem Heimweg – mein Partner, ich, unser Hund, das Mampfmäuschen und unser Knusperkind. Beide Kinder waren hundemüde, überreizt und haben sich gegenseitig vom Einschlafen abgehalten. Unser Kleinkind spielte unermüdlich mit seinen Figuren, während das Mampfmäuschen im Kindersitz weinte und schrie. Laut, herzzerreißend, durchdringend. Ich spürte, wie mein Nervenkostüm mit jeder Minute dünner wurde – und ich sah es auch bei meinem Partner. Irgendwann wurde es ihm zu viel. Er fuhr rechts ran, drehte sich zu unserem Knusperkind um – und schrie. Im Affekt schlug er nach der kleinen Hand unseres Kindes, traf ihn leicht. Das Knusperkind begann zu weinen. Und meinem Partner tat es im selben Moment leid. Aufrichtig. Tief. Er entschuldigte sich, sofort.
Warum passiert so etwas?
Niemand plant solche Momente. Niemand will sein Kind anschreien oder gar körperlich berühren, wenn es aus dem Ruder läuft. Und doch passiert es – nicht, weil wir unsere Kinder nicht lieben, sondern weil wir an unsere Belastungsgrenze geraten. Weil das Baby schreit und das Gehirn in Alarmmodus schaltet. Weil Reize sich aufstauen, Worte nicht mehr durchdringen und man nur noch reagieren kann. Weil vielleicht noch der Druck des Tages, eigene Kindheitserfahrungen oder das Gefühl von „Ich kann nicht mehr“ mitschwingen. Es sind keine Rechtfertigungen – aber Erklärungen. Und genau da dürfen wir hinschauen.
Was jetzt zählt: Reparatur statt Perfektion
Niemand von uns ist perfekt. Wir alle machen Fehler – gerade in der Elternschaft. Wichtig ist, was wir danach tun: Sich ehrlich entschuldigen, auf Augenhöhe. Auch und gerade bei Kindern. Verantwortung übernehmen, ohne sich selbst fertigzumachen. Dem Kind signalisieren: „Du hast nichts falsch gemacht. Ich war überfordert. Es tut mir leid.“ Verbindung wiederherstellen – durch Nähe, durch Worte, durch liebevolle Gesten.
Mein Partner hat genau das getan. Und ich habe gesehen, wie unser Knusperkind darauf reagiert hat: Erst verletzt, dann aber offen für Nähe. Denn Bindung bedeutet nicht, keine Fehler zu machen – sondern sie wieder gut zu machen.
Und wir?
Wir Eltern dürfen ebenfalls lernen, mitfühlend mit uns selbst zu sein. Wenn du in einem Moment der Überforderung so reagiert hast, wie du es eigentlich nie wolltest: Du bist nicht allein. Du bist kein schlechter Mensch. Du bist ein Mensch in einem hochanspruchsvollen Alltag.
Was helfen kann:
Ein tiefes Gespräch mit deinem Partner/deiner Partnerin. Atemübungen oder kleine Regulationstechniken für unterwegs. Triggerpunkte erkennen – und Hilfe annehmen, bevor der Akku leer ist. Austausch mit anderen Eltern, die dich nicht verurteilen, sondern verstehen.
Wenn du Ähnliches erlebt hast: Ich sehe dich. Du bist nicht allein. Und du darfst dich verändern. Jeden Tag, immer wieder neu.